Ist Gelassenheit ein Wunschdenken? Wie ich mich ärgerte, weil ich mich ärgerte…

Es war wieder passiert. Es traf mich wie ein Keulenschlag.

Und dann sprang mein Gedankenkarussell an und drehte sich auf Hochtouren. Ich nahm nichts mehr um mich herum wahr. Nur noch mein turbulentes Karussell.

Wie in Trance stieg ich von meinem „Hausberg“ ab. Meine Beine bewegten sich von selbst. Ich hörte weder die Vögel zwitschern noch sah ich die wunderschönen Berge. Ich lief einfach, während meine Gedanken grübelten und ich mich ärgerte.

Kennst du das Gefühl: sich ärgern, weil man sich überhaupt ärgert? So ging es mir. Ich ärgerte mich am meisten über mich selbst. Weil ich es zuließ, dass ich mich ärgerte… 🙂

Dreifacher Ärger

Ich ärgerte mich also, weil ich mich ärgerte… Und dann passierte noch Folgendes.

An diesem Tag wanderte ich mit Wanderstöcken auf meinen Hausberg. Es hatte geregnet und ich wollte Sicherheit beim Abstieg.

Für den Aufstieg benötige ich ungefähr eine Stunde. Es ist mein wöchentliches Training (so wie andere vielleicht eine Runde joggen). Beim Hochlaufen versuche ich meistens so schnell wie möglich zu gehen, den Abstieg genieße ich dann.

An diesem Tag im Mai war beim Abstieg nicht an Genießen zu denken. Ich kochte – vor Wut, Enttäuschung und eben doppeltem Ärger.

Und dann, nachdem ich ungefähr 2/3 meines Abstieges hinter mir hatte, bemerkte ich plötzlich: ich hatte meine Wanderstöcke nicht mehr. Vergessen. Oben auf dem Gipfel. Weil ich mich dort angefangen hatte zu ärgern. Und alles ausgeblendet hatte. Auch meine Stöcke.

Oh nein. Was tun? Der Verlust der Wanderstöcke würde mich sehr schmerzen. Sie waren sehr leicht und sehr praktisch. Ich mochte sie sehr.

Es gab nur eine Lösung: wieder aufsteigen. Nochmals mindestens 45 Minuten bergauf. 500 Höhenmeter. Mein dritter Ärger begann zu grollen: auf mich, auf die Situation, einfach auf alles.

Wo war nur meine Gelassenheit?

Eine erste Erkenntnis

Und dann endlich kam meine Erleuchtung. Hatte ich nicht in den letzten Tagen einen Bericht über mentale Stärke geschrieben? Und was mental starke Menschen auszeichnet? Und glaubte ich nicht selbst, mental stark zu sein? 

Bei mental starken Menschen ist die Selbstkontrolle sehr hoch. Sie können ihre Impulse und Emotionen steuern und deshalb einen klaren Kopf behalten. Sie glauben an ihre Fähigkeiten, Lösungen zu finden. Sie können ihre Gefühle kontrollieren und „bei sich bleiben“.

Plötzlich musste ich lachen. Über meine absurde Situation. Über meine Hilflosigkeit. Wegen einer Kleinigkeit hatte ich mich so aus dem Konzept bringen lassen, dass ich alles um mich herum vergaß. Und wenige Tage vorher hatte ich einen Beitrag geschrieben und merkte selbst nicht, dass ich in diese mentale Falle tappte.

Ein peinlicher Zusatz

Stell dir mal meine Situation vor: ziemlich erschöpft, aber immerhin ohne Gedankenkarussell, stieg ich wieder nach oben. Inzwischen amüsierte ich mich mehr über mich, als das ich mich noch ärgerte. Ich hoffte nur, dass meine Wanderstöcke noch oben waren.

Und dann plötzlich kamen mir zwei Frauen entgegen. Und die eine Frau hatte MEINE Wanderstöcke. Genau diese blauen und leichten. Die gleiche Marke. In Sekundenschnelle musste ich mir die passende Frage ausdenken. Dann platzte es aus mir heraus: „Sind das Ihre Stöcke?“

Ihr fassungsloser Blick ließ mich die Fauxpas meiner Frage erahnen. Natürlich seien das ihre Stöcke. Ich entschuldigte mich mehrere Male und es war mir extrem peinlich. Auch das noch. Was für ein Tag.

Ich schleppte mich weiter nach oben. 

Wanderstöcke auf dem Gipfel

Und da lagen sie. Meine Wanderstöcke waren noch auf dem Gipfel. Wenigstens das. Ich freute mich sehr. Jetzt konnte ich entspannt absteigen. Die Stöcke halfen mir auf dem rutschigen Weg… (hatte ich beim ersten Abstieg nicht bemerkt ;-)).

Ursache für den ersten Ärger

Und was hatte mich so aus der Ruhe gebracht? Ein doppelter Fehler…

Es war mein freier Tag und aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte ich auf dem Gipfel meine geschäftlichen Emails auf dem Handy angeschaut. Das tue ich sonst nur in „Notsituationen“.

Und ich hatte ein Email von einer Mitarbeiterin, die mich völlig unbegründet beschuldigte und kritisierte. Das war deswegen so unschön, weil ich sehr viel Energie in die Schulung dieser Mitarbeiterin gesteckt hatte. Und eine Schulungsanleitung extra für sie ergänzt hatte. Ich hatte sehr viel zusätzliche Zeit investiert, um ihr das Erlernen eines Tools zu erleichtern. Andere Mitarbeiter hatten selten so viele Probleme.

Im Mail kamen Äußerungen, ich hätte ihr bestimmte Handhabungen niemals gezeigt, sie hat keine passenden Unterlagen usw.. Die üblichen Reaktionen von Menschen, die überfordert waren. Aber da ich mir so viel Mühe gemacht hatte und Gutes hatte tun wollen, traf mich das doppelt hart. Obwohl ich es hätte wissen müssen. Das Verhaltensmuster ist immer das Gleiche.

Also im Grunde nichts Dramatisches und trotzdem hat es bei mir einen „Knopf gedrückt“.

Am Ende hat mir dieser Tag mit dieser Geschichte eine Anekdote geliefert, bei der man nur lachen kann. Über alles. So passiert es auch, wenn ich es weiter erzähle.

Die Moral von der Geschichte

Dreifacher Ärger an einem Tag. Ärger, der sich überhaupt nicht gelohnt hat. Oder doch? Er hat mir zumindest eine Geschichte zum Schmunzeln verschafft 🙂

Probiere auch du, mit mehr Gelassenheit durchs Leben zu gehen. Ärger über ungerechtfertigte Kritik lohnt sich nie. Versuche dir das in entsprechenden Situationen so schnell wie möglich bewusst zu machen.

ÜBER dIE AutorIN

Grit Schönherr ist Gründerin und Hauptautorin von 365mentalfit. Sie ist Coach für mentale Gesundheit und ausgebildete Mentaltrainerin. Grit ist überzeugt, dass Glück und Erfolg im Kopf beginnen. Sie hilft anderen Menschen zu mehr mentaler Stärke, damit sie ihren Alltag gelassen meistern und ihre Ziele effizient erreichen können.
Mehr über Grit erfährst du hier.

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