Es ist 3 Uhr morgens.
Ich bin fürchterlich nervös und habe Angst. Was passiert, wenn die Alarmanlage losgeht? Wieviel Zeit habe ich dann zu flüchten? Macht es überhaupt Sinn zu flüchten?
Ich öffne die Tür mit zittrigen Fingern.
Sofort renne ich in den Raum mit der Alarmanlage. Oh je, mit welchem Knopf genau muss ich die Alarmanlage ausschalten? Kann ich mich erinnern? Ruhig bleiben. Ich wähle einen Knopf und drücke ihn.
Bange Sekunden verstreichen. Es bleibt still. Die erste Hürde ist genommen.
Mentale Herausforderung: Wie alles begann!
Wir waren ein super Team. Wir harmonierten und ergänzten uns.
Mein Job war spannend. Als Teamleiterin in einer Personalabteilung konnte ich auf anfangs zwei und später 4 aufgestellte junge Mitarbeitende zählen. Die Zusammenarbeit war unkompliziert und hat sehr viel Spaß gemacht.
Unser Unternehmen hatte ungefähr 1000 Mitarbeiter. Unsere Arbeitslast war so hoch, wie ich es nie zuvor und auch nie danach je wieder erlebt habe. Aber wir bewältigten sie. Als eingespieltes und harmonisches Team hatten wir eine riesige Effizienz.
Wir hatten eine Chefin, die ziemlich chaotisch war. Ihre Art war für uns oft eine Herausforderung. Trotz allem funktionierte unsere Zusammenarbeit gut. Ihre Stärke war ihr Humor. Sie brachte Leichtigkeit in unseren Alltag.
Aber wie es im Leben so ist, alles hat ein Ende. Unsere Chefin ging leider in Rente.
Damit begann der tragische „Zerfall“ unseres Teams. Der neue Chef kam und innerhalb eines Jahres hatte sich unser Team aufgelöst.
Ich ging als erste.
Mit 55 noch einen Job finden? Ist das möglich?
Veränderungen. Das ist zum Glück eine meiner Stärken.
Ich habe keine Angst vor Veränderungen. Im Gegenteil. Ich liebe sie. Es liegt dann immer so viel Spannung in der Luft. Es gibt Neues zu Entdecken.
Aber mit 55 Jahren einen neuen Job finden? Ist das wirklich realistisch?
Ich startete mit Bewerbungen. Mein Vorteil war, dass ich inzwischen ein sehr großes und breites Wissen in meiner Branche hatte. Und auf dem Markt mangelte es an Fachkräften.
Die Angebote trudelten also trotz meines“ hohen Alters“ ziemlich schnell ein.
Der Druck eines schnellen Entscheides lastete auf mir. Ich wollte so schnell wie möglich weg. Mein neuer Chef war für mich nicht zum Aushalten und eine extreme mentale Belastung.
Aber ich wollte auch nicht kündigen, ohne einen neuen Job gefunden zu haben. Das Risiko mit 55 Jahren ohne Arbeit dazu stehen, war mir dann doch zu groß.
So ließ ich mich von einem der ersten Jobangebote „einfangen“. Im wahrsten Sinne des Wortes. Nach einem einzigen Bewerbungsgespräch wollte der neue Chef mich unbedingt haben. Mein Bauch rebellierte zwar, aber ich fühlte mich so geehrt, dass ich ihn ignorierte.
Das erste Mal in meinem Leben bot man mir sogar mehr Lohn an, als ich gefordert hatte.
Mein Ego gewann, mein Bauch verlor: ich nahm den Job an.
Das Fiasko!
Mein Bauch behielt natürlich Recht.
Der neue Job entsprach weder meinen Fähigkeiten, noch meinen Stärken, noch meinen Interessen. Im Grunde war der Job langweiliger, als ich mir je hätte vorstellen können.
Unter diesen Voraussetzungen konnte ich natürlich auch kein Team professionell führen.
Es kam, wie es kommen musste. Nach 6 Wochen gab es das erste Krisengespräch mit ziemlichen (vermutlich berechtigten) Vorwürfen an meine Inkompetenz. Da ich bis dahin alles verdrängt hatte, traf es mich doch ziemlich heftig und überraschend.
Erschwerend kam hinzu, dass das Team als solches schon vorher ein schwieriger Krisenfall war. Um dieses Team führen zu können, hätte es herausragende Führungskompetenzen benötigt. Und die hatte ich schlicht und einfach nicht.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich diese belastende Situation ignoriert. Ich hatte mir gut zugeredet: Es ist ja alles nicht so schlimm und ich werde mich schon noch einarbeiten. Am Ende würde alles gut. Ich betrachtete es als mentale Herausforderung.
Der Frust und der Entscheid
Nach dem Krisengespräch war ich am Boden zerstört. Die ganze Last der verdrängten Unzufriedenheit und Hilflosigkeit brach über mich herein.
Ich erinnere mich noch ganz genau an diesen entscheidenden Tag. Ich war komplett verunsichert, enttäuscht, wütend. Meine negativen Gefühle liefen Achterbahn. Ich fühlte mich als Versagerin. Meine Freude am Leben war verflogen.
An ein Einschlafen am Abend war nicht zu denken. Mein Gedankenkarussell drehte sich. So viele Fragen, die mich beschäftigten.
Nichts von all dem erfüllte dieser neue Job.
Der Entscheid kam blitzartig. Mitten in der Nacht. Ich muss da weg. Zumindest vorläufig.
Aber ich musste auch vorbeugen. Für den Fall, dass ich nie zurückkommen würde. Ich hatte noch brisante und wichtige private Unterlagen im Büro. Die musste ich unbedingt holen.
JETZT. Mitten in der Nacht. Eine mentale Herausforderung.
Das Problem: Das Büro hatte eine Schlüssel- und Sicherheitsanlage, die bei Fehlbedienung Alarm auslöste. Diese Funktionalität hatte ich mir erst einmal zeigen lassen.
Stell dir die Peinlichkeit vor: ich werde mitten in der Nacht vom Sicherheitsdienst im eigenen Büro festgehalten. Wie hätte ich das erklären sollen?
Ich schob die Bedenken beiseite, stieg ins Auto und fuhr los.
Die Flucht
Ich hatte es geschafft. Ich war im Büro. Die Alarmanlage blieb still.
Ich schritt durch die Räume und betrachtete die verwaisten Schreibtische. Alles so harmlos, alles so friedlich in der Nacht.
Hier hatte ich 6 Wochen still und von mir unbemerkt gelitten. Die Gefühle schwappten orkanartig über mich. Was für ein Drama.
Ich schnappte mir meine Sachen. Ja nichts vergessen. Und flüchtete.
Die letzte Hürde: die Alarmanlage. Auch beim Verlassen des Büros musste man sie deaktivieren. Ich musste unbedingt ruhig bleiben.
Nach bangen Sekunden hatte ich es geschafft. Es blieb still. Ich ging und kehrte nie zurück.
Entscheidende mentale Momente
In diesen 6 Wochen hatte ich an den Arbeitstagen in einem Hotel übernachtet. Mein Wohnort war zu weit weg, um täglich zur Arbeit zu pendeln.
Inzwischen war es 5 Uhr morgens. Ich holte meine Sachen im Hotel und checkte aus.
Später meldete ich mich im Büro krank. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht sicher, ob ich je zurückkehren würde. Vielleicht würde ich nach ein paar Tagen feststellen, welche Absurdität ich soeben getan hatte? Und so blieb mir ein Rückweg offen…
Ich fühlte mich wie in einem Film. So unwirklich. So unrealistisch. Ich sah und spürte mich zwar, war mir aber nicht sicher, ob das Realität war.
Meine Heimfahrt mit dem Auto dauerte mehr als 2 Stunden. An einer Raststätte machte ich halt und holte mir etwas zu trinken.
Und dort passierten zwei Dinge, die meinen Entscheid zu gehen, manifestierten.
Auf einer Leinwand liefen Reportagen. In großen Bildern wurde Folgendes ausgestrahlt:
Die Arktis. Der Lebensraum von Eisbären. Ich liebe diese Natur über alles. Sie ist das Symbol von Stärke und Freiheit. Ich hatte schon oft überlegt, dort zu leben, dorthin auszuwandern. Wann und wo war dieser Traum verloren gegangen? Mit großer Klarheit und voller Wucht kehrte dieser Traum zurück.
Und als zweites wurde eine Reportage von Steve Hawkins gezeigt. Ein genialer und brillanter Astrophysiker. Er war ein paar Tage vorher leider verstorben. In einem Interview sagte er:
„Tue nie etwas, was du nicht liebst. Auch nicht in einem Job. Sei überzeugt von dem, was du tust. Das Leben ist zu kurz, um es zu verschwenden.“
War das nicht eine klare Aufforderung? Hat das Leben mich nicht extra hierher geführt? Um zu überlegen: Wie will ich leben?
Ich war so dankbar für diese magischen Momente. Tief im Inneren wusste ich nun: ich werde nie zurückkehren.
Neue mentale Herausforderung
Es folgte eine kurze schwere Zeit. Mein Selbstvertrauen und mein Selbstbewusstsein waren stark getroffen. Ich wurde krankgeschrieben.
Ich kehrte tatsächlich nie zurück.
Und ja, ich wurde eine kurze Zeit arbeitslos. Ich nutzte die Zeit, mich neu zu orientieren. All meine Energie kam langsam, aber stetig zurück. Ich sprudelte vor Ideen. Meine Resilienz war stärker als zuvor.
Ich hatte das wunderbare Glück, einen neuen Job zu finden. Absolut passend zu meinen Stärken, Interessen und Wünschen. Spannend und herausfordernd.
Ich arbeite noch heute dort. Teilzeit.
Die andere Zeit nutze ich für meine mentale Leidenschaft: meine Website, regelmässigem Mentaltraining und dem Bedürfnis anderen Menschen zu helfen.
Die Moral von der Geschichte:
Die Geschichte soll dir zeigen, dass auch du Fehlentscheidungen korrigieren kannst und dass du aus schweren Zeiten und Lebenskrisen mental gestärkt hervor gehen kannst.
Ich möchte dich auch ermutigen, auf deinen Bauch zu hören. Auf deine innere Stimme. Denn dein innerer Kompass weiß oft besser als du selbst, was dir gut tut und was für dich passend ist.
Oft bereust du vielleicht einen Entscheid, mit dem du in eine Krise geschlittert bist. Aber bringen dich nicht genau Krisen weiter?
Ich habe oft überlegt, ob es damals ein Fehler war, diesen neuen Job so voreilig schnell angenommen zu haben. Aber hat mich nicht genau diese Erfahrung dorthin gebracht, wo ich heute bin? Zu einem erfüllenden Job und einer mentalen Leidenschaft?
Bist du gerade in einer Situation, die dir gar nicht gefällt? In der du völlig unzufrieden bist? Dann suche nach Lösungen. Traue dich. Sei mental stark. Betrachte es als deine mentale Herausforderung.
Mentale Weisheiten:
- Vertraue deinem Bauchgefühl. Höre auf deine innere Stimme.
- Gib nicht auf, wenn es schwierig wird. Traue dir auch unpopuläre und riskante Lösungen zu. Betrachte es als mentale Herausforderung.
- Achte auf deine Träume und Leidenschaften. Kümmere dich um dich selbst.
Den Beitrag über die Flucht hast Du ja echt spannend geschrieben. Und ja, höre auf deine innere Stimme, auf deine Träume und Leidenschaften. Sonst wird man echt unglücklich. Kennst Du die Bücher von Paulo Coelho? Die gehen in die gleiche Richtung.
Aber bitte stecke die Eisbären nicht in die Antarktis. Es sind zwar sehr gute Schwimmer, aber soweit kommen sie dann doch nicht.
Oh, was für ein Fehler! Ja klar gibt es die Eisbären nur in der Arktis. Dir als Profi ist das natürlich sofort aufgefallen :-). Ich habe es sofort korrigiert. Danke für den Hinweis.
Ich habe nur den Alchimist. Vielleicht sollte ich es mal mit weiteren Büchern von Paulo Coelho probieren. Sicher sehr spannend.